Schwarmstadt oder Schwundstadt? Attraktivität und Erfolg lassen sich steuern und messen

Die Zukunft von Kommunen wird maßgeblich durch die Entwicklung der Einwohnerzahl geprägt. Daraus ergeben sich zahlreiche Konsequenzen, insbesondere der stetige Konkurrenzkampf um Einwohner, Arbeitskräfte und Arbeitsplätze, Gewerbesteuern, Zuweisungen und möglichst zahlungskräftige Besucher bzw. Touristen. Dies bedeutet gleichfalls, dass es Kommunen mit wachsender Bevölkerung sowie mit schrumpfenden Einwohnerzahlen geben muss. Also Gewinner und Verlierer, evtl. sogar aussterbende Gebietskörperschaften. Vor diesem Hintergrund stellt sich natürlich die Frage, wie lässt sich die Attraktivität von Kommunen messen und mit welchen Maßnahmen kann man die eigene Zukunft positiv beeinflussen und steuern?

Um ein attraktiver Standort zu bleiben bzw. zu werden, sind der demografische Wandel, Veränderungen der gesellschaftlichen Wertehaltung, die technische Entwicklung sowie weitere sozioökonomische Megatrends und Entwicklungen zu berücksichtigen. Durch den Wandel von der Industriegesellschaft hin zu einer Informations- und Wissensgesellschaft werden die Erzeugung, Nutzung und Organisation von Wissen zum Hauptfaktor für Produktivität und Wachstum.

Die traditionell ökonomische Erklärung der Zuwanderung liegt auf der einen Seite im erwarteten Nutzenüberschuss, bspw. durch erwartete Zusatzeinkommen und Kosten der Mobilität, auf der anderen Seite in der Beeinflussung im Lebenszyklus. An welchem Punkt meines Lebens befinde ich mich aktuell? Ausbildung? Familienplanung? Altersruhe? Diese traditionellen Ansätze werden erweitert durch den Kohortenansatz nach Volkswirt Harald Simons. Dieser definiert ein neues Wanderungsmuster – das Schwarmverhalten – innerhalb Deutschlands, wonach insbesondere die Jüngeren wie Vögel aus vielen Regionen Deutschlands aufsteigen und sich dann als Schwarm in vergleichsweise wenigen Schwarmstädten niederlassen.

Logischerweise folgt daraus eine Entleerung der verlassenen Kommunen und eine Verdichtung in den niedergelassenen Kommunen. Während sich früher die Bevölkerung großflächig von Ost nach West bewegte, wandert man nun eher von kleineren Vororten in die große Stadt. Bildungsexpansion oder auch die zunehmende Auslandszuwanderung sind dabei nicht wirklich die Gründe für das Phänomen der Schwarmstadt. Die Hauptursache ist vielmehr der stark ausgeprägte demografische Wandel in den ländlichen Regionen. Junge Menschen sind auf dem Land eine Minderheit geworden und Minderheiten rotten sich für gewöhnlich zusammen.

Zur aktivsten Gruppe der Schwärmer zählen die Berufsanfänger mit der Altersklasse 25 bis 35 Jahre. Sie wandern zunächst aus einer sehr ländlichen in eine eher städtische Region und anschließend wandern sie weiter in die sog. Schwarmstädte wie Leipzig, Münster oder Braunschweig. Und da die Attraktivität mit jedem Zuzug zunimmt und mit jedem Wegzug abnimmt, ist das Schwarmverhalten höchst selbstverstärkend. Die Bedeutung der Attraktivität des Wohnstandortes hat immens zugenommen. Es herrscht nur ein schwach ausgeprägter Zusammenhang zu den harten Standortfaktoren einer Kommune, vielmehr sind es die weichen Faktoren, die eine Wanderung beeinflussen.

Die Entleerung in den Regionen, die vom Wegzug betroffen sind, führt zu einem Leerstand von Wohnraum und den daraus resultierenden Problemen wirtschaftlicher und sozialer Natur. Die durch den Zuzug betroffenen Schwarmstädte müssen sich anderseits mit den Schwierigkeiten der Ressourcenknappheit auseinandersetzen. Chancen für Schwarmstädte liegen insbesondere im Wachstum: Steigerung der Infrastrukturmaßnahmen, mehr Erwerbstätige, vielfältigere Dienstleistungen und Start-Up-Bewegung bilden eine nicht abschließende Aufzählung. In den Schwund-Regionen hingegen kommt es durch den Leerstand zu einem Wohnungsüberschuss und einem sich selbstverstärkenden Verlust an Attraktivität.

Ein möglicher Ansatz zur Reduzierung des Schwarmverhaltens ist die Steigerung der Attraktivität von verlierenden Regionen. Für sie ist v. a. wichtig Profil zu zeigen und sich ein positives Image auf Basis der eigenen Stärken und Potentiale zu erarbeiten, dieses intern sowie extern zu kommunizieren und zu leben. Dass eine kleine Gemeinde aus der Lüneburger Heide oder dem Harz nicht gegen eine Metropole wie Berlin, Hamburg oder Oldenburg konkurrieren kann, ist unter der aktuellen Bedürfnislage der Bevölkerung selbstverständlich. Schwundstadt als Vorbote der Auflösung? Fast jede Kommune kann mit ihren ganz eigenen, individuellen und speziellen Potentialen und Vorteilen um Verbleib oder Zuzug werben. Diese Potentiale und Besonderheiten müssen zwingend herausgestellt werden. Leuchttürme sollten gestärkt und in Position gebracht werden. Vorausschauende und innovative Vorlagen und kreative politische Beschlüsse bzgl. Lebensqualität, Alleinstellungsmerkmal, Wohnungsmarkt, Stadtentwicklung und Raumordnung sind unerlässlich.

Eines ist sicher: die Realität wird bereits in einigen Jahren zeigen, wie erfolgreich und vorausschauend die verantwortlichen Entscheidungsträger in den Kommunen gehandelt haben. „Wir existieren ja noch“-Parolen oder plumpes ‚Nichts tun‘ schaffen keine realen Zukunftsperspektiven. Es werden kreative und innovative Handlungskonzepte zu erstellen sein, die eine positive Zukunftsperspektive ermöglichen, um die eigene Existenz nachhaltig zu sichern und im Wettbewerb mit anderen Einheiten die Nase vorn zu haben. 

Sprechen Sie uns an, wir beraten Sie gern.

Frau Marina Romaschin
Geschäftsbereichsleitung Strategie und Kommunikation
E-Mail: m.romaschin@nsi-consult.com
Mobil: +49 151 16537461

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